Zum Werden der Köflacher Stadtchronik
Ernst Lasnik (mit Ergänzungen von Daniel Modl)
Im Juni 2020 kam im Auftrag des Bürgermeisters von Köflach, Mag. Helmut Linhart, eine Anfrage der Leiterin des Stadtmarketings, Silke Valeskini, ob ich, Ernst Lasnik, Interesse an der Verfassung einer umfangreicheren Chronik der Stadt Köflach und ihrer näheren Umgebung hätte. Nach einer kurzen Bedenkzeit und einigen Gesprächen mit mir bereits von anderen gemeinsamen Buchprojekten bekannten Fachautoren und Helfern gab ich eine Zusage und begann in der Folge mit der Sammlung und Sichtung von Literatur, Fotos, Fundmeldungen, Zeitungsberichten usw.
Die Grundlagen
Für die Erstellung der Chronik der Stadt Köflach konnte ich auf umfassendes Material zurückgreifen. Eine erste, ausführliche „Geschichte der Pfarre Köflach” – mit vielen Details zur Entwicklung des Marktes Köflach, zu Handel und Gewerbe, zu Bergbau und Industrie – verfasste Stadtpfarrer und Dechant Ludwig Stampfer und legte diese umfangreichen, handschriftlich in Kurrentschrift verfassten drei Bände 1922 in das Archiv der Pfarre Köflach.
Erste – nicht nur Fachleuten, sondern – allgemein zugängliche Texte zu historischen Einzelthemen stammen vom Arzt und Dichter Dr. Hans Kloepfer.[1] Die von Schulrätin Erika Iberer verfasste erste chronologische Darstellung der Geschichte von Köflach erschien ab 1977 in drei Auflagen.[2] Ein weiteres, ansprechend gestaltetes Buch zur Geschichte Köflachs legten 2003 bzw. in einer Neuauflage im Jahr 2011 Christine Kersch und Ingrid Krasser vor.[3]
Weitere wichtige Grundlagen waren verschiedene von mir seit 1982 vorgelegte Publikationen zur Geschichte des Bezirkes Voitsberg, des Kohlebergbaues, der Geschichte der Glasindustrie, zu Kunst und Künstlern.[4] Ergänzend konnten die bereits vorhin erwähnte „Stampfer-Chronik” sowie die im Jahr 2011 erschienene „Geschichte und Topographie des Bezirkes Voitsberg” herangezogen werden.[5]
Viele Daten zur Geschichte der Stadtgemeinde Köflach ab dem Jahr 2000 konnten dem „Köflacher Rathauskurier” entnommen werden. Weitere Informationen lieferten die „Weststeirische Volkszeitung” sowie die Regionalausgaben der „Kleinen Zeitung”, der „Woche” und des „Weststeirers”.
Zur Chronik und den einzelnen Bänden




So entstand die vor kurzem erschienene Chronik der Stadt Köflach als Sammlung und Zusammenfügung verschiedener Einzelchroniken und wissenschaftlicher Darstellungen.[6] Die Chronik gibt auf 1.740 Druckseiten viele Einblicke in die wechselvolle Geschichte von Köflach und seiner näheren Umgebung sowie auch in das tägliche Leben seiner Bewohnerinnen und Bewohner – von längst vergangenen Zeiten bis in unsere Tage. Durch den Einbau von 3.222 Abbildungen wird die Vergangenheit auch sichtbar gemacht.
Die Vielzahl der Themen und die große Fülle des Materials erforderten eine Aufteilung der Chronik in vier Bände.
Im ersten Band werden in acht Kapiteln die Geschichte der Stadt Köflach und ihrer näheren Umgebung von den Anfängen der menschlichen Besiedelung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs und die Entwicklung von Handel und Gewerbe sowie der vielfältigen Industrieregion Köflach dargestellt. Ausführlich behandelt werden der Braunkohlenbergbau, die Eisenverarbeitung und Glasproduktion, beschrieben werden weiters die Stein- und Schottergewinnung, Porzellan-, Schuh-, Fahrrad- und Autositzerzeugung sowie weitere Betriebe. Den Abschluss bildet ein Überblick über das Brauchtum im Jahrlauf.
Der zweite Band beschäftigt sich in sechs Kapiteln mit dem Werden des neuen Köflach ab Juni 1945 und gibt Einblicke in Köflach als Schul-, Kultur-, Kunst-, Sport- und Wohnstadt. Zehn Direktoren bzw. Leiterinnen lieferten Fachbeiträge zum Schulwesen und zu den Kindergärten. Im Überblick dargestellt werden auch das rege und bunte Kulturleben, die vielen Künstlerinnen und Künstler sowie das vielseitige und starke Köflacher Vereinswesen. Zum Schluss werden Geschichten und Sagen aus Köflach und seiner Umgebung erzählt sowie liebenswürdige Köflacher Originale vorgestellt.
Ab 1952 erfolgten verschiedene Eingemeindungen von bis dahin selbstständigen Gemeinden in die Stadtgemeinde Köflach: beginnend mit Gradenberg und Piber, Pichling sowie Teilen von Puchbach und endend am 1. Jänner 2015 mit Graden. Einblicke in die Geschichte dieser ehemaligen Gemeinden – und in Piber natürlich auch die Entwicklung vom Militärgestüt bis zur heutigen Heimat der weltbekannten Lipizzanerpferde – gibt der dritte Band der Chronik. Weiters haben Piber (als Mutterpfarre unserer Region), Köflach mit seiner Filialkirche Pichling und Graden bemerkenswerte Pfarrkirchen, dazu viele Kapellen, Bildstöcke und Wegkreuze und schon seit Jahrhunderten ein reges Pfarrleben. Das alles wird im Dritten Band ausführlich in Wort und Bild dargestellt.
Einen weiteren Schwerpunkt stellt der Zigöllerkogel dar. Mag. Daniel Modl vom Universalmuseum Joanneum beschäftigt sich umfassend mit der kulturwissenschaftlichen Bedeutung der Höhlen des Köflacher Raumes und besonders mit dem Heidentempel, wobei er auch die bemerkenswerten Ergebnisse der seit 2022 erfolgten neuen Forschungsarbeiten präsentiert, die zu einer Neubeurteilung der Nutzung des Heidentempels führten.
Dipl.-Ing. Anton Schildberger, seit seiner Jugend begeisterter Höhlenforscher, beschäftigt sich im Besonderen mit den Höhlen des Zigöllerkogels. Aufsehen in der Fachwelt der Höhlenforschung erregten die vom Autor angeregten Befahrungen in den letzten Jahren. Da ein Teil des Köflacher Trinkwassers aus der Leitner-(auch Stiegljörg-)Höhle in Salla kommt, beschäftigt sich Anton Schildberger auch mit dieser Höhle und legt hier ebenfalls aktuelle Forschungsergebnisse vor.
Seit Jahrzehnten setzt sich Prof. Hans Eck unermüdlich mit der Geologie, Mineralogie und Bergbaugeschichte unseres Bezirks auseinander. Für die nun vorliegende Chronik der Stadt Köflach befasste er sich speziell mit der Geologie und Mineralogie des Großraumes Köflach.
Univ.-Doz. Dr. Bernhard Hebert beschreibt die zahlreichen Römersteine in der Pfarrkirche von Piber, und Hofrat MMag. DDr. Martin Schmiedbauer schildert eindrucksvoll seine noch sehr ländliche und einfach geprägte Kindheit und Jugendzeit in Graden.
Die Erstellung des vierten Bandes übernahm dankenswerterweise Oberförster i. R. Ing. Peter Weißnar. Er legt ein 479 Seiten starkes, umfassendes, akribisch erstelltes Häuser- und Höfebuch (mit den Besitzerreihen der Gebäude, vielen Fotos sowie Zusatzinformationen) vor und beschäftigt sich darüber hinaus mit den Namen der Straßen und Gassen.
Die festliche Präsentation der Gesamtchronik durch die Stadtgemeinde Köflach erfolgte am 24. September 2025 im Köflacher Volksheim vor rund 400 Gästen.
Eine Danksagung

Am Werden der Chronik der Stadt Köflach haben viele Menschen engagiert mitgewirkt. Neben den bereits namentlich genannten Mitautoren wären noch fünfunddreißig weitere Autorinnen und Autoren aus den Bereichen der Kultur-, Kunst-, Musik-, Sport- und Schulstadt Köflach, der Kindergärten, der Pfarrgemeinden, der Freiwilligen Feuerwehren, des politischen Lebens sowie des Vereinswesens zu nennen.
Ein herzlicher Dank gebührt jenen mehr als 60 Personen, Ämtern, Institutionen und Betrieben, die Archivalien, historisches oder aktuelles Fotomaterial zur Verfügung gestellt haben: so z. B. Dipl. Ing. Robert Raudner für die Pfarre Köflach, Herta Leitner und Barbara Reiner für die Pfarre Graden und Ing. Alois und Ernestine Nussbacher sowie Helga Steinberger für die Pfarre Piber.
Eine besondere Unterstützung kam von Karl Mayer, der seit Jahrzehnten für die „Kleine Zeitung” als Berichterstatter tätig ist und bereitwillig sein umfangreiches Fotoarchiv öffnete. Ebenso bereitwillig stellte Vizeleutnant i. R. Alfred Maurer seine umfangreiche Fotosammlung zum historischen Piber zur Verfügung. Bemerkenswerte, spezielle Fotoessays über die Landschaft um Piber sowie über den Naturraum Zigöllerkogel lieferte Hans Peter Wakonigg und Impressionen vom stimmungsvollen Weg von Graden nach Köflach Erika Borstner.
Der Akad. Maler Mag. Franz Dampfhofer stellte einige besondere Bildgeschichten zum Zigöllerkogel zur Verfügung, Nicolaus Trnka-Strasnitzky schuf mehrere „sagenhafte” Grafiken und von Norbert Zernig stammen Federzeichnungen von Gradener Bauernhäusern.
Ein abschließendes Danke gilt mehreren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Stadtamt sowie dem Köflacher Bürgermeister Mag. Helmut Linhart. Alle am Werden dieser neuen Köflacher Stadtchronik Beteiligten haben sich bemüht ein für möglichst viele Bewohnerinnen und Bewohner von Köflach interessantes Werk zu gestalten. Es ist zu hoffen, dass es uns gelungen ist!
Persönliche Schlussbemerkung
Meine Beziehungen zu Köflach reichen bis in meine Kindheit zurück, denn meine ersten drei Lebensjahre verbrachte ich in der Wohnung meiner Großmutter im „Simonihaus” in Gradenberg und 1953 zog ich mit meinen Eltern und der Großmutter in die gerade erst fertig gestellte „Negrelli-Siedlung” in Köflach. Hier besuchte ich drei Klassen der Volksschule und war in der Katholischen Jungschar. Die Kontakte nach Köflach blieben aber auch nach meiner Übersiedlung nach Bärnbach intensiv: Großmutter Lasnik und Großvater Marcher sowie Onkel Richard lebten weiterhin in Gradenberg bzw. Köflach. In der Buchhandlung Kollegger lernte ich Walter Kienreich kennen, der mich nicht nur zu meinen noch kindlichen Forschungsvorhaben ermutigte, sondern in weiterer Folge zu einem väterlichen Freund und Förderer wurde.
Ein weiterer, für meine Entwicklung wichtiger Ort in Köflach war ab der Mitte der 1960er-Jahre das Stadtmuseum mit seinem Leiter Reinhard Krebernik und dessen Umfeld.
Anmerkungen
[1] Z. B. Hans Kloepfer, Sulmtal und Kainachboden. Ein steirisches Bilderbuch (Graz–Wien–Leipzig 1936); Hans Kloepfer, Um den Zigöllerkogel – Weststeirische Geschichten (Wien–Leipzig 1940).
[2] Erika Iberer, Köflach – Das wechselvolle Schicksal einer liebenswerten Stadt (Graz 1977).
[3] Christine Kersch/Ingrid Krasser, Köflach – Aus der Ortschronik. Köflach in alten Ansichten. Stadtbilder heute. Pfarrkirche St. Magdalena. Bergbau und Industrie. Gastwirtschaft, Gewerbe. Rund um Köflach. Piber und seine Pferde (Schwarzach 22011).
[4] Z. B. Ernst Lasnik, Rund um den Heiligen Berg. Geschichte des Bezirkes Voitsberg (Graz–Wien–Köln 1982); Ernst Lasnik, Glück auf! Glück ab! Die Ära des Braunen Goldes. Kohlebergbau in der Weststeiermark (Hart-Purgstall 2004); Ernst Lasnik, Glas – funkelnd wie Kristall. Zur Geschichte des steirischen Glases (Graz 2005); Ernst Lasnik, Graden – Eine Zeitreise durch die Gemeinde (Graden 2006); Ernst Lasnik, Zum Ende des Kohlebergbaues im Köflach-Voitsberger Kohlenrevier. In: Robert F. Hausmann (Hg.), Mitteilungsblatt der Korrespondenten der Historischen Landeskommission für Steiermark 9 (Graz 2007), 143–150.
[5] Walter Brunner (Hg.), Geschichte und Topographie des Bezirkes Voitsberg (= Große geschichtliche Landeskunde der Steiermark V, 2 Bde., Graz 2011).
[6] Ernst Lasnik (Red.), Köflach – Stadtchronik, 4 Bde. (Köflach 2025).
Prof. Mag. Dr. Ernst Reinhold Lasnik, geboren 1950 in Tregist. Studium der Geschichte und Volkskunde an der Universität Graz und seit 1986 HLK-Korrespondent für den Bereich Köflach/Voitsberg. Von 1991 bis 1996 Mitglied des Bundesrates der Republik Österreich. Mitarbeiter, Organisator und Gestalter vieler Ausstellungen und mehrerer Museen, darunter auch die Landesausstellungen „Glas und Kohle” in Bärnbach (1988) und „Mythos Pferd” in Piber (2003). Autor und Herausgeber von mehr als 40 Büchern zur Kulturgeschichte und Volkskunde der nördlichen Weststeiermark. Geehrt mit dem Hanns-Koren-Kulturpreis des Landes Steiermark (1988) und dem großen Ehrenzeichen des Landes Steiermark (2024).
Mag. Daniel Modl, geboren 1980 in Graz. Studium der Klassischen Archäologie an der Universität Graz und seit 2023 Chefkurator der Ur- und Frühgeschichtlichen Sammlung an der Abteilung Archäologie & Münzkabinett am Universalmuseum Joanneum. Die Forschungsschwerpunkte liegen u. a. im Bereich der Montanarchäologie, Speläologie und archäologischen Forschungsgeschichte.